„Wenn alles Blühende vergangen ist, sind sie es, die in Schönheit erstrahlen,
voller Anmut nehmen sie ihren Platz in den Gärten ein.
Ihre unregelmäßigen Schatten fallen auf seichtes und klares Wasser,
ihr zarter Duft durchdringt die mondbeschienene Dämmerung.
Die Vögel des Winters schauen noch einmal verstohlen, bevor sie landen,
Schmetterlinge wären wie verzaubert, wenn sie davon nur wüssten.“
Dieses Gedicht von Lin Bu (967–1028) nimmt auf die Blüten der Winterpflaume Bezug, die sich in schimmerndem Perlmutt auf dem Tablett entfalten. In der an Mythen und Symbolen reichen chinesischen Kultur ist die Winterpflaume ein beliebtes Motiv: als extremer Frühblüher steht sie für Verjüngung und Erneuerung. Ihre fünf Blütenblätter versinnbildlichen die fünf Glücksgüter: ein langes Leben, Gesundheit, Reichtum, Liebe zur Tugend und ein friedlicher Tod. In einem Malerhandbuch aus dem 13. Jahrhundert finden wir Tuschezeichnungen von einhundert verschiedenen Blütenstadien der Winterpflaume, die auch auf dem Tablett zu erkennen und eindeutig auszumachen sind.
Das Arbeiten mit Perlmutt hat in der chinesischen Lackkunst eine lange Tradition. Im 14. Jahrhundert waren es die Mongolenkaiser der Yuan-Dynastie, die diese Technik besonders förderten. Hauchdünn geschnittenen Plättchen der perlmuttreichen Schale des Seeohrs wurden in den noch feuchten Lack gedrückt; die grünlich, blau-violett und rosa changierenden Partikel wurden so arrangiert, dass sie den Eindruck eines gemalten Dekors erwecken. Die Feinzeichnungen der Zweige und Blüten wurden zuletzt in die überlackierten und auf Hochglanz polierten Perlmutt-Einlagen graviert.
Die „meihua“, wie die Chinesen die Winterpflaume nennen, ist während des chinesischen Neujahrsfests auch heute noch allgegenwärtig.
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