Maria sitzt auf einer Thronbank und ist mit einem gegürteten Kleid, einem Mantelumhang, sowie einem Schleier bekleidet. Die Krone, welche die Gottesmutter als Himmelskönigin ausweist, ist verloren. Mit der linken Hand stützt sie das Kind, das mit beiden Beinen auf ihrem linken Oberschenkel steht. Der Christusknabe hält mit seiner linken Hand das Tuch, das ihn umhüllt, und mit seiner rechten präsentiert er dem Betrachter eine Kugel als Zeichen seiner Herrschaft. Dabei sind die Arme eng an den Körper gezogen. Die Beine scheinen überkreuzt hintereinander zu stehen, wobei das rechte Bein völlig in der Gewandfalte des Tuches verschwindet.
Mutter und Kind sind nahezu frontal ausgerichtet und zeigen eine feierlich-repräsentative Haltung. Im Grundgedanken greift die Figurengruppe hier auf die älteste Darstellungsform rheinisch-westfälischer Marienplastiken zurück, die den Typ der „Sedes sapientiae“, also den „Thron der Weisheit“, darstellt. Beispiele hierfür sind die sog. Imad-Madonna (um 1060 und 1075) in Paderborn oder eine thronende Gottesmutter mit Kind (um 1160-70) im Rheinischen Landesmuseum Bonn. Bei diesen frühen Beispielen sitzt das Christuskind jedoch auf dem Schoß der Mutter und ist mit einer Toga bekleidet. Die strenge romanische Gebundenheit weicht in gotischer Zeit einer Lockerung, bei der das Mutter-Kind-Verhältnis mehr und mehr in den Vordergrund rückt. Der Weltenherrscher Christus wird als liebliches unbekümmertes Kind dargestellt und die Toga durch ein Tuch ersetzt, das auch bald verschwindet. Maria ist nun die fürsorgliche, liebevolle Mutter und die repräsentativen Attribute wie Kugel und Zepter werden vielfach durch Früchte wie Äpfel, Birnen und Weintrauben, aber auch durch Blumen wie Lilie oder Rose, oder durch den Vogel, als Sinnbild der Seele, ersetzt.
Der sich im 14. Jahrhundert weit verbreitende Typus der thronenden Muttergottes mit dem an ihrer linken Seite stehenden Kind kam in der französischen Skulptur etwa um 1230 auf und fand im Kölnerraum große Verbreitung. Die typische Gestaltungsform der kölnischen Madonnen, die besonders lothringischen Vorbildern verpflichtet ist, bildete jedoch nicht wie bisher angenommen, die Vorlage für die wohl in Westfalen gearbeiteten Gottesmutter des Südsauerlandmuseums. Obwohl der Einfluss der großen Kölner Werkstätten stets auf die Kunstproduktion der kurkölnischen Provinz Westfalen einwirkte, ist bei der hier vorgestellten Madonna nicht das breite Gesicht mit schmalem Mund, mandelförmigen Augen und als Wulst über die Ohren fallende Haarsträhnen zu erkennen, die für die Kölner Madonnen des 14. Jahrhunderts charakteristisch sind. Eher erkennt man in dem Gesicht mit ovaler Kopfform, weichen, runden Wangen, großen Augen und leichtem Doppelkinn Merkmale westfälischer Skulptur, wie etwa bei den Figuren der Verkündigungsgruppe aus St. Johann in Osnabrück (um 1390, Osnabrück, Diözesanmuseum).
Stilistische Merkmale sprechen für eine Datierung der Gottesmutter in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts. Weiche Übergänge sind für den Fall der Gewandstoffe, besonders im unteren Teil der Marienfigur, kennzeichnend. Sie zeigen aber noch nicht die breite und vielfältig bewegte Form der Zeit des Schönen Stils. Der liebliche und zarte Gesichtsausdruck und die oft innige Mutter-Kindbeziehung, Merkmale der Stilstufe des Schönen Stils, sind der hier vorgestellten Maria fremd.
Im weitesten Sinne vergleichbare Gewandfaltenformationen sind bei den Vesperbildern auf der Veste Coburg (um 1350) oder dem Wallfahrtsbild in Telgte (um 1370) zu finden. Das am Oberkörper eng anliegende, hochgegürtete Kleid, das die Körperform betont und noch nicht durch den Mantel verdeckt wird, deutet ebenfalls auf die Zeit vor 1400.
Die wenig tiefenräumlich aufgefasste Figur, die für eine strenge Frontalansicht ausgearbeitet ist, wurde sicher für die Aufstellung in einem Gehäuse gearbeitet. Ihr genauer Herkunftsort ist nicht überliefert. Ohne Angabe einer Quelle ist das Kloster Ewig in der Akte zur Skulptur als Herkunftsort vermerkt. Die erhaltenen Inventarakten, die bei der Auflösung des Klosters angelegt wurden, beschreiben die Objekte wie Gemälde und Skulpturen jedoch nur allgemein und summarisch, so dass eine bestimmte Figur nicht zu identifizieren ist.
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