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Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf Niederländische und flämische Malerei des 17. bis 19. Jahrhunderts [82/421]
Bildnis des Lisborner Abtes Gregor Waltmann (Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf (CC BY-NC-SA)
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Bildnis des Liesborner Abtes Gregor Waltmann

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Beschreibung

Durch eine Schenkung aus Baarn in Holland gelangte das Museum Abtei Liesborn 1971 in den Besitz eines qualitätvollen Porträts des Liesborner Abtes Gregor Waltmann (1661 - 1739). Das Bildnis galt zu diesem Zeitpunkt als Werk eines unbekannten niederländischen Malers. Umso größer war die Überraschung, als während der Restaurierung 1976 auf der Leinwand die Signatur "Wit" sowie die Jahreszahl "1716" zu Tage trat. Durch einen glücklichen Zufall war das Museum in den Besitz einer frühen Arbeit des Amsterdamer Malers Jacob de Wit gelangt, der als Bildnismaler allein durch das Porträt Pater Aegidius de Glabbais’ (Commissie Monumentenzorg Minderbroeders Franciscanen Nederland) von 1718 bekannt ist.
Gregor Waltmann, an dessen Identität nach einem Vergleich mit dem um 1735/1739 in Liesborn entstandenen Porträt (#A04) kein Zweifel bestehen kann, sitzt auf einem schweren, schräg in den Raum gestellten Lehnstuhl. Mit seiner Linken stützt sich der Abt auf einen vor der Bücherwand aufgestellten Tisch, auf dem eine goldene Mitra sowie ein zierliches Standkreuz stehen. Den Tisch, auf dem, wiederum sorgfältig arrangiert, ein aufgeschlagenes Buch liegt, bedeckt ein kostbarer orientalischer Teppich. Anders als auf dem Liesborner Porträt trägt der Abt das Rochett, ein spitzenverziertes weißes Chorhemd, das ebenso wie die Mitra nur zu besonderen Anlässen getragen wurde, etwa dann, wenn in Liesborn in der am Kreuzgang gelegenen Kapelle Belehnungen stattfanden. Rochett, Mitra und das große Brustkreuz weisen den Dargestellten als rechtlich privilegierten Geistlichen aus. Bereits 1317/18 war es dem Liesborner Abt Florinus Ketelhot (1304 - 1328) gelungen, sich mittels einer verfälschten Urkunde die Pontificalia zu beschaffen. Fortan machten die Liesborner Äbte von dem Recht Gebrauch diese zu tragen und waren u.a. befugt, Kirchen und Altargeräte zu konsekrieren.
Das große Porträt vermittelt auf den ersten Blick den Eindruck, als wüsste Gregor Waltmann um die repräsentative Wirkung qualitätvoller Kunstwerke. Die Folianten, die auf den umfangreichen Bücherbesitz der Abtei anspielen, der kostbare Teppich sowie der kunstvoll drapierte rote Vorhang weisen den Dargestellten als gelehrten Kirchenmann mit Geschmack aus. Auch die Architektur zu seiner Rechten ist mehr als eine dekorative Requisite. Der mächtige Pilaster trägt das Wappen Gregor Waltmanns und stimmt mit seinem Abtssiegel insofern überein, als die Felder 1 und 4 den Löwen, die Felder 2 und 3 den Doppeladler abbilden. Zusätzlich erscheint im Schild das sprechende Familienwappen, das einen wilden Mann zeigt. Besuchern des Liesborner Museums ist dieses Detail aus einem ganz anderen Zusammenhang vertraut: Als Treppenhauswächter ließ Gregor Waltmann in dem 1725 neu errichteten Südflügel der Abtei zwei geschnitzte Wilde Männer (#A05) aufstellen, die auf den Namen des tüchtigen Bauherrn anspielen.
Aus der über dem Wappen angebrachten Inschrift geht hervor, dass das Bildnis den 55jährigen Abt in seinem 19. Amtsjahr zeigt. Ein kurzer Rückblick: Am 20. August 1661 als Sohn des Ratsherren Zacharias Waltman d. Ä. in Lüdinghausen geboren und auf den Namen Gerhard getauft, legte Gregor im Anschluss an das Noviziat im Kloster Liesborn 1681 sein Gelübde ab und wurde 1687 zum Priester geweiht. In der Folgezeit amtierte er als Küchenmeister, um schließlich am 13. Juli 1698 zum Abt gewählt zu werden. Am 8. September vollzog der Osnabrücker Weihbischof Otto von Bronckhorst die Weihe des neuen Abtes.
1717 lag Gregor Waltmanns Reise in die Niederlande bereits ganze 14 Jahre zurück. Den Besuch der Verwandtschaft in Amsterdam hatte der Abt genutzt, um auf einer Auktion für das Kloster Liesborn einen zwölf Bilder umfassenden Marienzyklus und andere Gemälde (Abb. S. 99 #82-425) anzuschaffen. Eine erneute Reise nach Amsterdam ist nicht überliefert, die persönliche Bekanntschaft mit dem niederländischen Maler, der erst 1715 aus Antwerpen nach Amsterdam zurückkehrte, unwahrscheinlich. Nach einer alten, aber unspezifischen Überlieferung wurde das Porträt von einem in Amsterdam ansässigen Angehörigen der Familie in Auftrag gegeben. Wie das Porträt in den Besitz von Antony Woltman gelangte, der 1749, im Alter von 15 Jahren, nach Amsterdam übergesiedelt war und 1820 kinderlos verstarb, ist ebenso wenig bekannt wie der ursprüngliche Auftraggeber. Tatsächlich spricht vieles für Gregors Bruder Johannes Waltman (1663 - 1751). Unter dem Namen Jan Woltman erwarb dieser 1695 die op het water, Ecke Kapelsteeg (heute Damrak 15/16), gelegene Seifensiederei De Vergulde Hand. Jan Woltman, der die Geschäfte bis 1713 führte, verdankte das Unternehmen nicht nur wirtschaftliche Erfolge. Mehrfach erweiterte der Bruder des Liesborner Abts den Betrieb und verschönerte das Haus der Familie, zuletzt im Jahr 1725. Indem Jan Woltman unter dem Firmenemblem in Abbreviatur die Inschrift D[eo]. T[er]. O[ptimo]. M[aximo]. anbringen ließ, bekundete er öffentlich, dass er sich auch als Unternehmer an christliche Werte gebunden fühlte, die sein Bruder, wie kein anderer der Familie, verkörperte.
Das Porträt Abt Gregor Waltmanns hat die Stadt Amsterdam im 18. und frühen 19. Jahrhundert nicht verlassen. Von einer "Rückkehr" des Bildes kann folglich nicht die Rede sein. Dass Gregor Waltmann Einfluss auf die Art der Darstellung genommen hat, dass er sein Bildnis überhaupt jemals zu Gesicht bekommen hat, ist darüber hinaus mehr als fraglich. So war der Abt 1716 in Liesborn mit dem Ankauf von Gütern in der Nachbarschaft sowie mit der Wiederherstellung der Ostmühle befasst. Eine erneute Reise nach Amsterdam, die zu erwähnen Pater Zurmühlen wohl kaum versäumt hätte, als er 1739 das Lebenswerk Gregor Waltmanns würdigte, ist nicht belegt. Auch sonst spricht das Kunstpatronat des umsichtigen Kirchenmannes eher eine andere Sprache.
Wohl von Jan Woltman in Auftrag gegeben und 1716 von Jacob de Wit wahrscheinlich auf der Grundlage einer in Amsterdam vorliegenden Bildnisminiatur ausgeführt, gemahnte das fast lebensgroße Bildnis im katholischen Haushalt der erst seit kurzer Zeit in der mehrheitlich protestantischen Stadt ansässigen Familie an den abwesenden Bruder, der als Abt einem der ältesten und bedeutendsten Klöster des Fürstbistums Münster vorstand. Als wichtiges Dokument der Familiengeschichte erfreute sich das Gemälde über den Tod des Dargestellten hinaus besonderer Wertschätzung. Wohl bald nach dem Tod Abt Gregor Waltmanns am 6. November 1739 wurde ein Exemplar des in Amsterdam eingetroffenen Totenscheins im Auftrag der Familie ins Niederländische übertragen. Zusammen mit einem kolorierten Aufriss der Abtei Liesborn (#A06) - die Zeichnung berücksichtigt bereits den erst 1751 vollendeten Nordflügel und basiert wahrscheinlich auf einem Entwurf aus der Planungsphase - bereichert das von Wilhelmine Woltman Elpers gestiftete Gedenkblatt seit 1971 die klostergeschichtliche Sammlung des Museums, zu deren Höhepunkten Jacob de Wits Porträt des Liesborner Abts Gregor Waltmann gehört.

Bez. oben links über dem Wappen: ÆTATIS./.55/REG/19.
Signiert und datiert unten links: Wit 1716

Material/Technik

Öl auf Leinwand

Maße

HxB: 165 x 121 cm

Literatur

  • Jutta Desel, Andrea Brockmann, Bennie Priddy, Andreas Priever (2011): Museum Abtei Liesborn - Museumsführer. Bielefeld
Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf

Objekt aus: Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf

Das Museum Abtei Liesborn des Kreises Warendorf befindet sich in der barocken Abtresidenz der ehemaligen Benediktinerabtei in Liesborn. Die...

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