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Stadtmuseum Hagen Objekte aus dem Nachlass der Familie Laufenberg-Wittmann in der Publikation "[Hagener Stücke]"

Objekte aus dem Nachlass der Familie Laufenberg-Wittmann in der Publikation "[Hagener Stücke]"

Für die Publikation "[Hagener Stücke] 111 Objekte aus dem Stadtmuseum" wurden auch mehrere Stücke aus dem Nachlass der Familie Laufenberg-Wittmann ausgewählt.

[ 3 Objekte ]

Poudreuse aus der Villa Laufenberg

Die Poudreuse, ein aufwendig konstruierter Frisier- und Schminktisch, entstammt der französischen Wohnkultur des 18. Jahrhunderts. Für die königlichen Höfe Louis XV. und XVI. sowie für die adelige und großbürgerliche Gesellschaft arbeiteten mehrere Ebenisten. Ihre Möbel zeichneten sich durch hohe handwerkliche Qualität und Ausstattung aus. Applikationen aus Bronze und Messing, wertige Materialien und Intarsien machten diese Möbel schon in ihrer Entstehungszeit zu hochpreisigen Kunstwerken. Auch für deutsche Adelshöfe und das kapitalkräftige Bürgertum wurden solche Möbel hergestellt, vorwiegend durch eigene Tischler. Die Poudreuse gehörte zur Einrichtung der Villa Laufenberg an der Bergstraße. Sie befand sich im Schlafzimmer des um 1890 errichteten Gebäudes. Heute dient es als Kindertagesstätte. Die Familie von Laufenberg-Wittmann war Eigentümerin der Gußstahlwerke Wittmann AG in Haspe. Nach dem Tod der letzten Erbfolgerin Adele von Laufenberg-Wittmann im März 1960 wurde die Villa mitsamt ihrem Interieur und dem Grundstück von der Stadt Hagen erworben. 1965 erhielt die Kommune aus dem Familienbesitz zusätzlich eine bedeutende Porzellan-Sammlung (2017/25 und 2017/26) als Schenkung. Unter den im Stadtmuseum erhaltenen Gegenständen aus der Villa Laufenberg befinden sich Möbel, Gemälde, Porzellan und Tafelsilber. Ein Teil des Mobiliars stammt aus dem Neo-Rokoko in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die vor dem Erwerb durch die Stadt Hagen zurückhaltend restaurierte Poudreuse kann in das Louis-seize um 1770 bis 1790 datiert werden. Die Werkstatt lässt sich anhand von Schlagmarken, Signaturen und Meisterzeichen nicht identifizieren. Vergleichbare Stücke sind von den Pariser Ebenisten Jean-François Oeben (*1721, †1763), Pierre Fléchy (*1715, †1769) und Léonard Boudin (*1735, †1807) bekannt. Stephanie Marra

Deckelkanne aus dem Service mit Goldchinesen

Die Deckelkanne für Kaffee wurde in der „Königlich-Polnischen und Kurfürstlich-Sächsischen Porzellan-Manufaktur“ auf der Albrechtsburg in Meißen hergestellt. Von der Manufaktur wurden Hausmaler und Silberschmiede in Augsburg mit der Goldradierung und den Silberarbeiten beauftragt. Die Kanne gehört zu einem mit acht Einzelstücken sicherlich nicht vollständig überlieferten Service. Sie ist Teil der Sammlung von Laufenberg-Wittmann, die 1965 in das Eigentum der Stadt Hagen überging. Der Deckel und der Korpus tragen eine aufwendige Montierung aus vergoldetem, getriebenem und punziertem Silber. Der Fußring, Ausguss, Deckelknauf und Henkel sind vergoldet. Die als Relief gegliederten Kanneluren im oberen und unteren Teil der Wandung sowie auf dem Deckel sind in den Vertiefungen im fortlaufenden Wechsel mit Gold ausgefüllt sowie mit einer Punktkette oder mit Rankenwerk verziert. Stellenweise ist die Vergoldung abgerieben. Es handelt sich um ein besonders seltenes Service. In Privatsammlungen und Museen finden sich weltweit nur einzelne von der Form und Ausführung vergleichbare Stücke. Die Wandung der Kanne zeigt zwischen den Kanneluren zwei goldradierte Chinoiserien: a) Prunkwagen, der von zwei Einhörnern gezogen wird. Auf dem Anhänger ein Kutscher mit erhobener, geschweifter Peitsche, ein thronendes Paar, über das eine Person einen Baldachin hält, und am Wagenende ein hoch sitzender Hornbläser. Bäumchen im Hintergrund zwischen Einhörnern und Kutscher. b) Schlitten, der von einem Elefanten gezogen wird. Auf dem Anhänger befinden sich auf einer Drachenfigur ein Posaunenspieler, dahinter ein Trommler mit erhobenen Trommelstöcken, ein sitzendes Paar, hinter dem sich der Kutscher mit den Lenkleinen in den Händen befindet. Zwei Vögel über der Szene. Beidseitig des Henkels die Darstellungen begrenzendes palmartiges Buschwerk. Die reliefierte Form der Kanne stammt vermutlich von Johann Jacob Irminger (*~1635, †~1724). Seit 1710 war Irminger als Modellformer für die Meißener Manufaktur tätig. Die Goldradierung wurde von der Augsburger Werkstatt der Brüder Abraham (*1686, †1747) und Bartholomäus Seuter (*1678, †1754) geschaffen. Sie waren als Hausmaler für die Meißener Manufaktur tätig. Abraham hatte sich 1726 nach Erlaubnis des Augsburger Rats auf Goldchinesen spezialisiert, Bartholomäus arbeitete auch als Goldschmied. Nach der gepunzten Marke „EA“ wurde die Montierung am Deckel vom Augsburger Silberschmied Elias Adam (*1669, †1745) gefertigt. Von ihm sind weitere Silberarbeiten an Kannen der Meißener Goldchinesen bekannt. Ralf Blank

Kanne aus dem Service mit kostümiertem Federvieh

Die Deckelkanne für Milch bzw. Schokolade zeigt auf der Wandung zwei in kräftigen Farben ausgemalte Szenen. Sie wurden von dem seit 1767 in der Porzellanmanufaktur Fürstenberg als Tier- und Federviehmaler tätigen Carl Gottlob Albert (†1772) geschaffen. Die Wandung zeigt folgendes: a) Fuchs mit Puter, Hühner und Enten: Der auf einem Holztisch sitzende Fuchs ist gekleidet in einen violetten Rock mit Hut und Umhang. Das Huhn links trägt eine weiße Haube und einen aufgespannten violetten Schirm, der Puter eine weiße Perücke mit Beutelhaarfrisur. b) Zwei Enten und ein Storch als wandernde Kaufleute. Eine Ente mit einer violetten Mütze trägt eine Rückengestell mit Eiern und einen Korb, die zweite Ente mit roter Mütze einen Rückenkorb mit einem Jungvogel. Der Storch mit einem schwarzen, rot gefederten Hut transportiert eine verschlossene Holzlade und hält einen Stock. Die Porzellanmanufaktur wurde 1747 im Auftrag des Herzogs Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel auf Schloss Fürstenberg gegründet. Das aus noch 24 Teilen bestehende Service mit kostümiertem Federvieh zählt zu den bedeutenden Porzellanen des 18. Jahrhunderts. Der Auftraggeber des hochwertigen Services ist nicht bekannt. Er dürfte aber im Großbürgertum oder Adel zu finden sein. Aus anderen Museen sind nur wenige Porzellane mit einer von C. G. Albert ausgeführten Bemalung als kostümiertes Federvieh bekannt. Im Victoria & Albert Museum in London wird z. B. eine Teekanne (Inv.-Nr. 367&A-1902) verwahrt. Allerdings stammt sie von einem anderen Service, da die Form unterschiedlich ist. Im Bestand des Museums Schloss Fürstenberg ist eine Tasse mit Untertasse vorhanden, die zum Hagener Service passen könnte. Das Service vom kostümierten Federvieh gehört zur Sammlung von Laufenberg-Wittmann. Die Familie von Laufenberg-Wittmann war bis 1960 im Besitz des Gußstahlwerks Wittmann AG in Haspe. Sie bewohnte die 1885 im eklektizistischen Stil erbaute Villa in der Hagener Bergstraße. Peter von Laufenberg (*1865, †1936) begründete eine Sammlung von Möbeln, Gemälden, Tafelsilber und Porzellan. Seine Adoptivtochter Adele von Laufenberg-Wittmann (*1880, †1960) baute die Kollektion weiter aus. Die geräumige Villa war mit Antiquitäten regelrecht gefüllt. Allein die Porzellansammlung umfasste mehr als 200 Einzelstücke aus den wichtigsten Manufakturen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Teile der Sammlung wurden bereits 1935 in einer Porzellan-Ausstellung im Städtischen Museum Hagen gezeigt. 1965 überließ die nach dem Tod von Adele v. Laufenberg-Wittmann zur Vermögensverwaltung eingerichtete Stiftung die Porzellansammlung der Stadt Hagen als Schenkung. Die Sammlung wurde durch weitere Erwerbungen um Silber und Möbel aus der Einrichtung der Villa ergänzt. Ralf Blank

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