Das Gemälde mit dem Titel „Der Quadenturm um 1850“ entstand schätzungsweise in der Zeit zwischen 1930 und 1934. Der Maler Clemens Wolter liefert mit seiner Ansicht hier eine Version, die von historischer Realität weit entfernt ist. Im Vergleich zu den hinter der Stadtmauer wiedergegebenen Gebäuden – im Hintergrund ist u. a. die Spitze der Kirche St. Peter sichtbar – ist der Turm in regelrecht winzigem Format dargestellt. Dies ist sicher dem Umstand geschuldet, dass Wolter das Bauwerk nicht aus eigener Erfahrung kennen konnte, also vielmehr eine nostalgisch verklärte, proportional stimmige Fassung bevorzugte. Dem entspricht die idyllisch anmutende Staffage, beispielsweise die an den Turm gelehnte
Ziegenhirtin, die gerade an einer Socke strickt. Auch die obere Kante der Stadtmauer sowie die leicht baufällig wirkende Erscheinung des Turms vermitteln eher den Eindruck einer Ruine, die keinerlei Funktion mehr zu erfüllen vermag.
Das Aussehen des ehemaligen Quadenturms beschäftigte in der Entstehungszeit des Bildes ganz sicher nicht nur den Maler. Offenbar trauerte ein Teil der Recklinghäuser Stadtbevölkerung um den Verlust des einst imposanten Turms, so dass man sich vermehrt mit dem Gedanken einer Wiedererrichtung beschäftigte. Das nationalsozialistische Regime setzte das Ansinnen 1938 in die Tat um und errichtete an etwa 100 m entfernter Stelle einen Rundturm, dessen Erscheinung jedoch nicht mit der des originalen Bauwerks übereinstimmte. Das Gebäude wurde überwiegend für NS-Propagandazwecke
genutzt, diente später aber auch als Wohnung – u. a. für Wolter selbst, nachdem dessen Haus Ende des Zweiten Weltkriegs durch Bombardierung zerstört wurde. Ende der 1960er-Jahre wurde der Turm zugunsten einer Neubebauung
endgültig abgerissen.
Das Ölgemälde wurde laut Erwerbungsbuch am 19. Oktober 1934 für 80 Reichsmark vom Maler an das Vestische Museum verkauft.