Ringpanzer bzw. Panzerhemden, umgangssprachlich auch „Kettenhemden“ genannt, bestehen aus zahlreichen miteinander verbundenen Drahtringen. Die einzelnen Ringe sind genietet, zusätzlich konnten sie auch verschweißt sein. Ringpanzer waren wichtige Bestandteile der mittelalterlichen Waffentechnik. Im 12. und 13. Jahrhundert trugen Ritter lange, über die Oberschenkel reichende Ringpanzer. Die Hände und auch die Füße waren in diese Rüstung einbezogen, der Kopf durch Haube und Topfhelm geschützt. Unter dem Ringpanzer wurde das Gambeson, ein gepolstertes Gewand, darüber ein meist farbiges Gewand mit dem Wappen getragen. In der um 1300 entstandenen „Großen Heidelberger Liederhandschrift“ (Codex Manesse) finden sich mehrere zeitgenössische Darstellungen von mit Ringpanzern ausgerüsteten Rittern.
Die Produktion eines Ringpanzers war aufwendig und nahm mehrere Wochen in Anspruch, entsprechend hoch waren die Anschaffungskosten. Noch im ausgehenden 13. Jahrhundert schützten Panzerhemden vor Schwertstreichen und Beilhieben. Doch gegen die von Langbögen und Armbrüsten, später auch aus Schusswaffen abgefeuerten Projektile konnten sie nicht viel ausrichten. Hier boten Plattenpanzer aus geschmiedeten Stahlblechen deutlich mehr Sicherheit. Sie waren auch günstiger und einfacher als Panzerhemden herzustellen. Der Träger eines Plattenpanzers bzw. Harnischs musste möglichst beweglich bleiben. Um die in den Scharnieren freiliegenden Körperteile, besonders Hals, Achseln, Armbeugen und Genitalbereich, zu schützen, wurden noch bis in das 16. Jahrhundert Ringpanzer unter den Harnischen getragen.
Das „Kettenhemd“ aus dem Stadtmuseum kann wegen seiner kurzen Ärmel, der Kragenform und dem geteilten Gesäß in das Spätmittelalter, wahrscheinlich in das 15. Jahrhundert datiert werden. Es wurde offenbar unter einem Harnisch getragen. Die rund 15.000 Drahtringe sind vernietet und zusätzlich teilweise auch verschweißt. Jeder einzelne Ring ist mit vier weiteren Ringen verbunden. Ein häufig in ein Panzerhemd eingearbeiteter einzelner Drahtring mit einem Meister- und Beschauzeichen konnte am Hagener Panzerhemd nicht festgestellt werden.
Die vermutlich bereits im 13. Jahrhundert im südlichen Teil der Grafschaft Mark tätigen „Panzermacher“, besonders in Iserlohn, sowie Plattner, wie in Schwerte, produzierten vor allem für den Export. So lieferte 1575 ein Schwerter Plattner über 1.000 bei ihm bestellte Harnische. Die Erzeugnisse gelangten unter anderem bis nach England, wie ein zeitweise im Tower zu London ausgestelltes Iserlohner Panzerhemd aus der Hand des Berthold von der Porten zeigt.
Auch Harnische, Helme, Rohre für Büchsen und Musketen sowie anderes Waffenzubehör waren im 15. und 16. Jahrhundert begehrte Handelsgüter aus der bergischen und märkischen Region. Doch bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg hatte die dortige Rüstungsfertigung ein Ende gefunden. Ein Grund war sicherlich der technologische Wandel auf dem Gebiet der Kriegswaffen im Verlauf des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts.
Zur Erinnerung an das damals längst erloschene Gewerbe verehrte die Stadt Iserlohn dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. 1816/17 mehrere eigens für ihn hergestellte Panzerhemden.
Andreas Korthals