In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Hagen eine Blütezeit. Die Einwohnerzahl stieg stetig an, die Wirtschaft florierte und die Bedeutung der Stadt nahm zu. Ein repräsentatives Rathaus im neugotischen Stil sollte dieser Entwicklung gerecht werden. Die Grundsteinlegung fand am 15. Mai 1899 statt, 1903 erfolgte die Einweihung. Für die Grundsteinlegung bestellte die Stadtverwaltung beim Münchener Hofgoldschmied Theodor Heiden die Kopie eines von Michelangelo gestalteten Zeremonialhammers. Mit dem Original hatte Papst Julius III. zum Heiligen Jahr 1550 im Vatikan die Porta Sancta im Petersdom geöffnet. Seit 1865 wird er im Bayerischen Nationalmuseum in München aufbewahrt. Die Hagener Kopie trägt auf den Seiten das 1897 von Kaiser Wilhelm II. genehmigte Eichbaumwappen der Stadt sowie den Reichsadler.
Die bei der Grundsteinlegung 1899 beschworenen Hoffnungen und Wünsche auf Frieden, Wohlstand und Segen sowie die Abwehr des Bösen erfüllten sich nicht. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 war der Aufschwung in Hagen endgültig vorüber. Im März 1933 hielt mit den Nationalsozialisten sogar das Böse Einzug ins Rathaus. Am Nachmittag des 14. April 1945 parkten Jeeps der US-Army vor der Ruine des Rathauses. Der Amtssitz des Oberbürgermeisters war verlassen und lag in Trümmern – der Tiefpunkt war erreicht. Den Zerstörungen im Luftkrieg folgte bis 1955 eine behelfsmäßige Herrichtung des Gebäudes. Das Erscheinungsbild des Rathauses veränderte sich grundlegend. Der prägende Stufengiebel und die Turmkrone verschwanden.
Anfang 1960 war der Wiederaufbau der bombenzerstörten Innenstadt weitgehend abgeschlossen. Das neue Rathaus sollte ein modernes Wahrzeichen der aus Ruinen auferstandenen Kommune sein. Vom neugotischen Gebäude aus der Vergangenheit blieben nur noch der Sockel des Turmes und ein Seitentrakt übrig. Am 24. September 1962 wurde mit dem „Rathaushammer“ der Grundstein für die „Bürgerhalle“ gelegt, im Obergeschoss befanden sich der Ratssaal und die Diensträume der Verwaltungsspitze. Sieben Träger aus Stahl hielten die Bürgerhalle – eine Würdigung der damaligen „Stahlstadt“ Hagen. Auf dem „Rathaushammer“ verweist eine Plakette auf das Datum und den Anlass der Grundsteinlegung. Auch diesmal richteten die Beteiligten einen optimistischen Blick in die Zukunft. Doch bald nach der Einweihung des Rathauses im Sommer 1965 folgten die Stahlkrise und der Strukturwandel – die guten Wünsche bei der Grundsteinlegung verhallten ohne Echo. Für Hagen brachen in den siebziger und achtziger Jahren wirtschaftlich, strukturell und demografisch schwere Zeiten an.
Zum Ende des 20. Jahrhunderts schlug die Stadt den Weg zu einem Wirtschafts- und Dienstleistungszentrum ein. Die letzte kommunale Neugliederung 1975 vergrößerte das Stadtgebiet erheblich. Mit der Fernuniversität etablierte sich Hagen als ein auch international anerkannter Bildungsstandort. Am 21. Juni 2002 wurde mit dem historischen Prunkhammer der Grundstein für das Rathaus an der Volme gelegt. Auch dieser Neubau steht für einen Abschnitt in der Stadtgeschichte. Er soll die Entwicklung von der wiederaufgebauten Stadt hin zur „Neuen City“ und damit auch das Ende des Strukturwandels markieren. Das Fazit: Der Hagener „Rathaushammer“ legte in hundert Jahren die Grundsteine für drei Rathäuser der Stadt.
Ralf Blank