Die wahlberechtigten Einwohner in Hagen unterstützten bei den Reichstagswahlen ab 1871 bis 1912 überwiegend eine national eingestellte, linksliberale Politik. Sie wurde von der Deutschen Fortschrittspartei (1884: Deutschfreisinnige Partei, 1893: Freisinnige Volkspartei) betrieben. Ihr Abgeordneter Eugen Richter (*1838, †1906) vertrat von 1874 bis 1906 den Wahlkreis Hagen-Schwelm im Reichstag.
Der Jurist Richter war einer der ersten Berufspolitiker und zählte zu den hervorragendsten Rednern im Preußischen Abgeordnetenhaus und im Reichstag. Zu seinen politischen Gegnern gehörten der Sozialdemokrat August Bebel und der Reichskanzler Otto von Bismarck. Mit letzterem führte er regelrechte Wortgefechte. Er wandte sich vor allem gegen Rechtsbeugung, Zollpolitik, Obrigkeitsstaat, Kolonialismus, Militarismus und Antisemitismus. Nicht nur als Politiker, sondern auch als Journalist und Publizist erwarb sich Richter einen Ruf.
In seinem Wahlkreis Hagen-Schwelm erfreute sich Richter großer Beliebtheit. Zu seinen Ehren wurde 1911 über dem Stadtteil Wehringhausen ein Gedenkturm errichtet. Mit dem Bismarck-Turm von 1901 und dem 1910 eingeweihten Kaiser-Friedrich-Turm zur Erinnerung an den 1888 nach 99-tägiger Regentschaft früh verstorbenen Friedrich III. prägt der Eugen-Richter-Turm heute die landschaftliche Silhouette der „Drei-Türme-Stadt“ Hagen.
Nach rückseitiger Inschrift wurde das 1882 angefertigte Mosaik in Richters Todesjahr von Rudolph Peters sowie dem Berliner Schlossermeister und Fabrikanten Julius Stahl gestiftet. Vermutlich gelangte es in den Besitz des Denkmal-Komitees zur Errichtung des Gedenkturms in Hagen. Von 1911 bis in die fünfziger Jahre befand es sich im Eingang des Turms. Seit 1955 ist dem Eugen-Richter-Turm die Volkssternwarte Hagen benachbart. Nach Eugen Richter ist im Hagener Stadtteil Wehringhausen auch eine Straße benannt.
Ralf Blank