Um den Politiker und ersten deutschen Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck (*1815, †1898) entstand im Kaiserreich ein regelrechter Kult. Davon zeugen zahlreiche Bismarck-Denkmäler und – wie in Hagen – auch monumentale Gedenktürme. Die Verehrung für den „Eisernen Kanzler“ und „Reichsschmied“ überlebte den Untergang der Monarchie im November 1918 nach dem für das Reich verlorenen Ersten Weltkrieg.
Am 1. April 1895 wurde in Hohenlimburg die Gesellschaft „Bismarckecke“ gegründet. Ihre Aufgabe war die Pflege des Andenkens und Verehrung des früheren Reichskanzlers. Die Mitglieder des Vereins gehörten dem Bürgertum an, überwiegend waren es Lehrer, Unternehmer und Bankiers. Der relativ hohe Aufnahme- und Jahresbeitrag sorgte für eine wohl auch gewünschte Auswahl der Mitglieder. 1903 gehörten 91 Personen der Gesellschaft an. Im Ersten Weltkrieg gründete die „Bismarckecke“ eine Stiftung zur Unterstützung von bedürftigen Kriegsteilnehmern.
Der Bismarck zugeschriebene Ausspruch „Wir Deutschen fürchten Gott – sonst niemanden auf der Welt“ fand sich nicht nur an der Wand des Hohenlimburger Stammlokals wieder. Er zierte neben einem Profilbild des „Eisernen Kanzlers“ auch den Obelisken, der bei den Sitzungen der „Bismarckecke“ auf den Stammtisch gestellt wurde. Er blieb neben dem Gäste- und Mitgliederbuch sowie einigen Fotografien und Devotionalien erhalten.
Auf der letzten Versammlung der „Bismarckecke“ am 29. Dezember 1938 wurde die Auflösung beschlossen. Das von der Gesellschaft genutzte Zimmer im Lokal Wemheuer erhielt ein Hitler-Bild zum Andenken an die erloschene „Bismarckecke“, das Vermögen ging je zur Hälfte an den Reichskriegerbund und den örtlichen Sturmbann der SA. Teile der Einrichtung des „Bismarckzimmers“ im Vereinslokal gelangten in das Museum Hohenlimburg, dessen Bestände 2002 vom Stadtmuseum Hagen übernommen wurden.
Ralf Blank