Die bauchige Weinkanne stammt aus dem Unteritalien (Apulien) steht auf einem dünnen, profilierten Fuß, die Gefäßmündung ist kleeblattförmig gefertigt. Auf der Rückseite der Kanne befindet sich ein Henkel, der am größten Durchmesser des Gefäßes ansetzt und auf der Mündung abschließt.
Das Bildfeld ist mit einem Rahmen versehen: als untere Begrenzung dient ein sogenanntes Wellenband und als obere ein sogenannter Eierstab; rechts und links tongrundige Linien.
Auf der Kanne sind eine männliche und eine weibliche Person dargestellt. Der junge, nackte Mann ist nach links gewandt, als wenn er aus dem Bildfeld herausschreiten wollte, schaut sich jedoch zur von rechts herantänzelnden Frau um. Er trägt eine weiße Kopfbinde im Haar. In seiner rechten Hand hält einen länglichen Gegenstand, wohl eine Fackel. Mit seiner Linken umfasst er einen Thyrsosstab mit zwei ausschwingenden, schmalen Blättern sowie einem Pinienzapfen als Bekrönung. Dort angebunden fällt eine Stoffbinde (tänie) herab. Sein Gesicht ist durch eine Stubsnase sowie Tierohren von dem eines Menschen abweichend gestaltet. Die Frau ist in einer verschraubten Tanzbewegung dargestellt. Der rechte Arm ist vom Körper weggestreckt, in der Hand ein Schwert; in der gesenkten linken Hand hält sie ein totes Rehkitz an den beiden Vorderläufen. Sie ist mit einem durchsichtigen Leinengewand (chiton) bekleidet, welches sich durch die Bewegung nach hinten aufbauscht bzw. im Oberkörperbereich gelöst hat, so dass der Rücken nackt erscheint. Der Kopf der Frau ist ekstatisch in den Nacken geworfen, ihr dunkles lockiges Haar reicht bis über die Schultern. An den Ohren und am Hals ist Schmuck durch weiße Punkte wiedergegeben.
Der Thyrsosstab, die Nacktheit, die Tierohren und die stumpfen Gesichtszüge kennzeichnen den jungen Mann als Satyr, einem der männlichen Begleiter des Weingottes Dionysos. Die rauschenden Bewegungen der Frau lassen sie als rasende Mänade (dies sind die weiblichen Begleiterinnen des Dionysos) erkennen. Dionysisches Treiben wird In der süditalischen Vasenmalerei besonders gern dargestellt. Das Zerreißen oder Töten von Tieren lässt sich nur durch den berauschten, ekstatischen Zustandes erklären und soll als mahnender Hinweis dienen, dass die Macht des Weines - im Überfluss genossen - fatal sein kann.
(Autorin: Jana Neveling; Praktikantin Masterstudium Ur- und Frühgeschichte)