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Gemälde "Der Recklinghäuser Altstadtmarkt"

RETRO STATION Recklinghausen Gemälde [2490]
2490 - klein (RETRO STATION CC BY-NC-SA)
Herkunft/Rechte: RETRO STATION / Irina Eckmeier (CC BY-NC-SA)
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Beschreibung

Das Ölgemälde „Der Recklinghäuser Altstadtmarkt“ besitzt ein recht großes Format und zeigt den weitgehend von Fachwerkhäusern geprägten Stadtkern. Üblicherweise wird als Entstehungszeit das Jahr 1908 angegeben, wobei das Werk selbst keinerlei Datierung aufweist. Damit ist das Werk in doppelter Weise interessant: Einerseits wird damit offenbar, dass der Maler Clemens Wolter einen bewusst nostalgischen Blick auf das Herzstück der Stadt wirft, denn es geht ihm eindeutig nicht um die Wiedergabe des Ortes in der eigentlichen Entstehungszeit. Demnach müssten die Gebäudefassaden wesentlich zeitgemäßer aussehen, nachweislich war der Marktplatz um 1900 zudem durch eine Straßenbahnhaltestelle geprägt. Andererseits weckt die Datierung des Gemäldes bei Stadtgeschichtsinteressierten sofort eine Assoziation – sie entspricht dem Baujahr des historistischen Rathauses, das bis heute eindrucksvoll den Wallring um die Recklinghäuser Innenstadt dominiert. Dieses Bauwerk wurde ebenfalls 1908 als viertes Rathausgebäude der Stadt errichtet, da die Umgebungssituation des Vorgängerbaus am Marktplatz keine weiteren Entfaltungsmöglichkeiten bot.

Dieser Umstand legt die Vermutung nahe, dass Wolters Gemälde des Recklinghäuser Marktplatzes möglicherweise im Auftrag der Stadt für das neue Rathaus entstand. Damit führt das Werk auch die historische Verbindung zweier Orte vor Augen. Zum einen zeigt die Woltersche Variante des Marktplatzes – gerade in seinem Zustand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – den Ort des bisherigen Stadtzentrums, an dem sich auch die drei Vorgängerbauten des Rathauses befanden. Andererseits ist die Platzierung des Gemäldes im neuen Rathaus hinreichender Verweis darauf, dass alle Aufgaben der Kommunalverwaltung nun an einem neuen Ort wahrgenommen werden, dabei aber auch das Traditionsbewusstsein wachgehalten werden soll. Es dürfte anzunehmen sein, dass für Wolters Gemälde ein Platz ausgesucht wurde, an dem das Werk eine hervorragende öffentliche Wahrnehmung erfuhr. Denkbar wäre ein repräsentativer Ort im Flur oder sogar eine Platzierung im Ratssaal, der allen Betrachtenden sichtbar machen sollte: Der Recklinghäuser Marktplatz, Kern der überschaubaren Altstadt, ist nun gleichsam an einen neuen Ort „transferiert“. Der Rathausplatz ist damit der „neue Marktplatz“, welcher der sich zur Großstadt entwickelnden Ortschaft hinreichend Repräsentanz verschafft.

Wolter wählte für sein Motiv einen Zustand, der auf der rechten Seite den zweiten Rathausbau wiedergibt. Dieses Gebäude entstand in der Zeit zwischen 1505 und 1509, sein genaues Aussehen ist jedoch historisch nicht verbürgt. Wolter liefert damit offenbar die einzige Darstellung dieses Baus, den er zwar nicht aus eigener Anschauung kennen konnte, aber vermutlich durch mündliche Überlieferung oder eventuell eine Zeichnung o. Ä. beschrieben bekam. Erst im Jahr 1847 wurde am Marktplatz ein standesgemäßer Rathausbau fertiggestellt, der eine reich gegliederte Fassade mit dreibogigem Portikus aufwies.

Die bauliche Situation, die Wolters Gemälde zeigt, lässt sich jedoch nicht nur durch den Rathausbau eingrenzen. Während 1846 (Baubeginn) als spätmöglichster Zeitpunkt definiert werden kann, ist der frühestmögliche bestimmt durch das links im Vordergrund erscheinende Haus, den Märkischen Hof. Dieses Bauwerk entstand 1832, so dass letztlich gerade anhand dieses Details deutlich wird, dass der in der Vergangenheit übliche Titel mit dem Datierungszusatz „um 1820“ Unstimmigkeiten aufwerfen muss. Übrigens scheint er auch im Ursprung nicht existiert zu haben und von Clemens Wolter nicht intendiert. Wenn überhaupt eine zeitliche Ergänzung vorzunehmen wäre, ließe sich das Erscheinungsbild mit dem Zusatz „um 1840“ präziser beschreiben. Darüber hinaus ist auch das weitere Erscheinungsbild des Marktplatzes von Interesse, zumal es fast vollständig identisch ist mit der noch heute vorhandenen Platzanlage. Auffällige Ausnahme ist das sogenannte Waltersche Haus an der Nordseite, das 1839 in den Besitz der Stadt gelangte und 1892 dem Abbruch zum Opfer fiel.

Dominanteste Elemente der Silhouette sind im Hintergrund Türme und Dachflächen der Kirche St. Peter, älteste Pfarrkirche im Vest Recklinghausen. Die linke Häuserfront ist überwiegend durch mehrgeschossige Fachwerkbauten geprägt, wovon als markantes Eckhaus der im 18. Jahrhundert errichtete Gasthof Albers (heute Café Extrablatt) zu benennen ist. Die Fassaden sind vermutlich in recht ähnlicher Form noch heute erhalten, aber unter repräsentativen Ziergiebeln aus Stein verborgen. Ebenfalls fallen auf dem Platz selbst die zentrale Positionierung der Schwengelpumpe und im Hintergrund die Postkutsche ins Auge. Die Pumpe diente damals noch als Ort öffentlicher Wasserversorgung und war damit zugleich kommunikatives Zentrum der Stadt. Für die Postkutsche lässt sich mutmaßen, dass der Weg der regelmäßig verkehrenden Linie am Rathaus vorbeiführte, auch wenn das Postamt an der Martinistraße lag.

Das Gemälde gelangte Ende der 1980er-Jahre als Dauerleihgabe in die stadtgeschichtliche Ausstellung. Davor hing es geraume Zeit im Albert-Funk-Zentrum, das den Vorstand der Recklinghäuser DKP beherbergt. Ein Vorstandsmitglied hatte das Bild in den 1970er-Jahren durch Zufall in einem Bochumer Antiquariat gefunden und erworben.

Material/Technik

Ölmalerei auf Leinwand

Maße

H. 94,5 cm; B. 130,2 cm; T. 4 cm (mit Rahmen)

Literatur

  • Angelika Böttcher / Werner Koppe (2021): Ein malerisches Fleckchen Erde – die Region Recklinghausen im Blick von Clemens Wolter. Recklinghausen
RETRO STATION Recklinghausen

Objekt aus: RETRO STATION Recklinghausen

Das stadtgeschichtliche Museum RETRO STATION ist Teil des Recklinghäuser Instituts für Stadtgeschichte, das zugleich das Stadt- und Vestische Archiv...

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