Da man in Europa bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts aufgrund des nicht vorhandenen Rohstoffs Kaolin kein Porzellan herstellen konnte, war man auf Importe aus dem fernen Osten angewiesen. Fayence wurde zum günstigeren Ersatzprodukt, besonders als die Lieferungen infolge von Kriegen in China Mitte des 17. Jahrhunderts zurückgingen. Aufgrund ihres porösen Scherbens wird die mit einer weißen Zinnglasur versehene und aus einer feinen aufbereiteten Tonmasse hergestellte Fayence ebenfalls zu den Irdenwaren gezählt. Abgeleitet wird der Begriff Fayence vom französischen Namen der italienischen Stadt Faenza, die zur Zeit der Renaissance eine Hochburg der Fayenceproduktion war. Die Herstellung war aufwendig und verlangte spezielle Brennöfen sowie zwei bis drei Brennvorgänge und war nur mit geregelter Organisation, viel Erfahrung und Arbeitsteilung möglich. Die Farben für die Dekore wurden mit einem Pinsel entweder in der Glasur angebracht und dann ein zweites Mal gebrannt oder sie wurden auf der Glasur angebracht, was einen dritten Brennvorgang erforderte. Einfarbige blaue Verzierungen sind typisch für die Zeit von 1680 bis 1760.
Unser Stück aus dem Kloster Paradiese ist ein besonders kleiner Fächerteller mit Standring. Auf der Fahne besitzt er ein umlaufendes blaues Dekor von stark stilisierten Pflanzen mit tulpenartigen Kelchen, die zum Spiegel zeigen. Diesen ziert ebenfalls ein florales Motiv aus einer fast zentrierten stilisierten Blume, die ihrerseits von Blüten und Blütenblättern umgeben ist. Zwar ist keine Marke des Malers oder der Manufaktur vorhanden, dennoch ist eine Herkunft aus Hanau oder Frankfurt, wo man besonders Delfter Vorbilder nachahmte, aufgrund der Verzierungselemente wahrscheinlich. Die vorwiegenden Dekore der Delfter Produkte, die auch in den Hanauer und Frankfurter Manufakturen nachgeahmt wurden, waren asiatisch inspirierte Motive, so genannte Chinoiserien. Weitere Beispiele dafür sind heute ebenfalls im Soester Burghofmuseum ausgestellt.