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Hochzeitsflasche für Caspar Heinrich Höffinghoff

Stadtmuseum Hagen [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum [2017/3]
Hochzeitsflasche für Caspar Heinrich Höffinghoff (Stadtmuseum Hagen RR-R)
Provenance/Rights: Stadtmuseum Hagen / Heike Wippermann (RR-R)
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Description

Die Flasche aus Weißglas zeigt ein festlich gekleidetes Hochzeitspaar. Unter einer Tulpe als Symbol für die Liebe steht die Jahreszahl 1801. Auf der Rückseite: „Es lebe Caspar Henderich Höffinghoff. Gott im Herzen, die Liebste im Arm, vertreibt viel Schmerzen und hält fein warm. Proost mein Schatz“. Glasflaschen, aus denen Schnaps gereicht wurde, waren im 18. Jahrhundert beliebte Hochzeitsgaben. Ihre Hauptverbreitung liegt in Westfalen und im Bergischen Land. Vermutlich wurde sie in der Glashütte der Familie Toscana in Hörde hergestellt. Caspar Heinrich Höffinghoff (*1773, †1831) aus der Bauernschaft Haspe war seit dem 5. Oktober 1801 mit Regina Katharina Elisabeth Vernoh (*1776, †1862) aus Wehringhausen vermählt. Als Reidemeister betrieb Höffinghoff an der Enneperstraße mehrere Sensenhämmer.
Die Glasflasche befand sich bis 1939 im Eigentum der in Aachen geborenen Cläre Mayerbach (*1878, gest. 1943). Sie war die Witwe von Erwin Bachrach (*1867, gest. 1934). Seit 1850 besaß die jüdische Familie in der oberen Mittelstraße ein über Hagens Stadtgrenzen hinaus bekanntes Fachgeschäft für Porzellan, Glaswaren und Kunstgewerbe. Erwin hatte die vom Vater Moritz Bachrach angelegte Sammlung von historischen Gläsern und Porzellan erweitert. Nach dem Tod Erwin Bachrachs führte sein Sohn Hans das Geschäft noch drei Jahre weiter. Durch die „Arisierung“ 1937 erhielt das Glas- und Porzellangeschäft Robert Berns den Traditionsbetrieb mitsamt Einrichtung und Lagerbeständen. In diesem Jahr flüchtete Hans Bachrach mit seiner Ehefrau Stephanie, geb. Friedemann, und Tochter Thea vor dem NS-Terror nach Johannesburg in Südafrika, wo er 1955 verstarb. Die Tochter kehrte 1960 in die Bundesrepublik zurück.
In der Pogromnacht am 9./10. November 1938 wurde die im Geschäftshaus gelegene Wohnung von Cläre Bachrach geplündert. Tags darauf erschienen Museumsdirektor Dr. Gerhard Brüns und Oberbürgermeister Heinrich Vetter. Unter den nicht zerstörten Gläsern und dem Porzellan der Sammlung wählten sie eine Anzahl von Stücken aus und entwendeten sie. Im Mai 1939 beschlagnahmte der Museumsdirektor die ihm von Cläre Bachrach zum Kauf angebotene Glasflasche. Erst auf mehrfache Nachfrage und Beschwerden einer „arischen“ Freundin beim Kulturdezernenten erhielt sie einen vom Museumsleiter festgesetzten Betrag von 100 Reichsmark. Diesen Betrag musste sie sofort an das Finanzamt abführen, um vermeintliche Schulden zu tilgen.
Im Juli 1939 ergriff Cläre Bachrach die Flucht nach Brüssel. Seit dem Vorjahr lebten dort ihre Tochter Elisabeth, der Schwiegersohn Richard Seligmann und Enkel Fritz. Im Sommer 1942 erfolgte ihre Deportation ins „Generalgouvernement“. Cläre und ihre Familie wurden 1943 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet.
Im November 1939 bezeichnete die Hagener Zeitung die Hochzeitsflasche als eine besonders wichtige Neuerwerbung zur Hagener Stadtgeschichte. In der Nachkriegszeit verschleierte die ab 1937 bei den Hagener Museen tätige, seit Herbst 1945 als Museumsdirektorin eingesetzte Dr. Herta Hesse-Frielinghaus die Herkunft der Hochzeitsflasche – ob aus Mitwissen oder Unkenntnis, sei dahingestellt.

Ralf Blank

Quelle: StadtA Hagen, Best. Hagen 1, Nr. 9036, Sammlung Hagen, Tagebuchaufzeichnungen Wilhelmine v. Hagen.

Material/Technique

Weißglas & Emailfarben / bemalt

Measurements

H 26,5 cm; B 12 cm; T 7,5 cm

Literature

  • Ads, E. (1953): Kohlentreiber verkaufen Flaschen mit Emailmalerei; in: Hagen, use laiwe Häime 3 (1953), H 2. Hagen, S. 18-21
  • Blank, Ralf; Freiesleben, Dietmar (Hrsg.) (2017): [Hagener Stücke]. 111 Objekte aus dem Stadtmuseum. Essen, S. 38f
  • Borchers, Walter (1955): Glashütten und bäuerliches Glas in Westfalen und dem westlichen Niedersachsen; in: Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde 2 (1955). Bonn, Münster, S. 39-52
  • Hesse-Frielinghaus, Herta (1953): Über die Gläser unseres Heimatmuseums; in: Hagen, use laiwe Häime 3 (1953), H 2. Hagen, S. 17-18
  • Klatt, Marlene (2009): Unbequeme Vergangenheit. Antisemitismus, Judenverfolgung und Wiedergutmachung in Westfalen 1925-1965. Münster
Stadtmuseum Hagen

Object from: Stadtmuseum Hagen

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