Frontal und mit gestreckten Armen steht der Gekreuzigte aufrecht auf dem Suppedaneum, den Kopf kaum geneigt, mit leidvoll-wissendem Ausdruck. Das mittig geknotete, an den Schenkeln glatt anliegende Lendentuch wird durch mandelförmiges Faltenlineament parzelliert. Charakteristisch auch die zurückhaltend markierten Rippen über geschwungenem Brustkorb. Symmetrie in Aufbau und Flächenbehandlung bestimmen den wohlmodulierten Körper. Abstraktion und Natürlichkeit halten sich die Waage. Das nicht erhaltene Kreuz, das den Körper trug, wird ein Stand-/Altar- oder ein Trage-/Prozessionskreuz gewesen sein, mittels Steckdorn für Ständer oder Stab vermutlich beides in einem. Laut der Überlieferung war es ein Geschenk Barbarossas an Kloster Cappenberg. Bronzebildwerke dieses Typs werden mit Kreuzen aus Helmarshausen verbunden, dem für den norddeutschen Raum Corvey als künstlerisches Zentrum ablösenden Kloster. Der dort etwa 1107 bis nach 1125 wirkende Mönch und Goldschmied Roger, zuvor tätig in Belgien und Köln, war berühmt für Treib-, Email- und Nielloarbeiten, die Anregungen älterer Elfenbeintafeln und vor allem byzantinische, auch in der Kunst des Maasgebiets vermittelte Einflüsse verraten. Die seit dem 6. Jahrhundert aus dem Erzählzusammenhang herausgelöste Kreuzestoddarstellung versinnbildlicht theologisch die zwei Wesenheiten Christi: Der wahre Mensch stirbt den qualvollen Hinrichtungstod. Der wahre Gott überwindet das irdische Ende und verheißt dem Gläubigen die Möglichkeit ewigen Lebens. Kruzifix, Altar, Verheißung und Austeilung der Sakramente bilden eine religiöse und künstlerische Einheit. ....I. K.