Über die Sammlung
Im 15. Jahrhundert begann man in Europa, Kanonen im Kriegswesen einzusetzen. Kanonen wurden wie Glocken gegossen. Glockengießer arbeiteten zugleich als "Stückgießer", die Geschütze herstellten. Durch diese wichtige Rolle stiegen sie im sozialen Ansehen auf. Glocken wurden durch die Geschichte hinweg oft zu Geschützen umgegossen, doch auch der umgekehrte Weg war in Friedenszeiten durchaus üblich.
Kriege und Revolutionen haben zu allen Zeiten hohe Glockenverluste gefordert. Der Dreißigjährige Krieg führte in Mitteleuropa zu einer großen Zerstörungswelle. Während der Französischen Revolution und den Napoleonischen Kriegen wurden rund 100.000 Glocken vernichtet. Im Ersten Weltkrieg wurden im Deutschen Kaiserreich alle Kirchenglocken als Metallreserve für die Rüstungsindustrie erfasst und nach historischen und künstlerischen Kriterien kategorisiert. Rund 65.000 Glocken deutscher Kirchengemeinden wurden damals eingeschmolzen.
Der Zweite Weltkrieg führte ebenfalls zu großen Zerstörungen. Die Glocken im Reichsgebiet und den besetzen Gebieten wurden wiederum erfasst und kategorisiert. Im Winter 1941/42 wurden die zur Verhüttung vorgesehenen Glocken zu den Sammelplätzen transportiert. Auch Glocken, die nicht sofort eingeschmolzen werden sollten, insgesamt zwei Drittel des Glockenbestandes, wurden ausgebaut und bei den Hüttenwerken gesammelt. Das Vorgehen diente auch ideologischen Gründen, indem die Kirchen buchstäblich zum Schweigen gebracht wurden. Transport und Lagerung führten ebenfalls zur Beschädigung und Zerstörung vieler Glocken. Im Zweiten Weltkrieg gingen insgesamt 50.000 Glocken aus deutschen Kirchengemeinden und 33.000 Glocken aus den besetzten Gebieten verloren.
Die Zerstörung von Glocken hatte nicht nur im Zweiten Weltkrieg unter dem Nazi-Regime, sondern auch in der Französischen Revolution und der frühen Sowjetunion ideologischen Charakter, indem die Kirchen in den Städten die klanglich nicht mehr präsent waren.