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Stadtmuseum Iserlohn Kirchensitzschilder

Kirchensitzschilder

Über die Sammlung

Das Stadtmuseum Iserlohn bewahrt eine Sammlung von 65 Kirchensitzschildern aus der Obersten Stadtkirche Iserlohns und der Reformierten Kirche Iserlohns auf. Die detaillierten Angaben zu den Besitzwechseln, die in Kirchensitzregistern akribisch dokumentiert wurden, sind wertvolle Hilfen bei der Zuordnung eines Kirchensitzschildes zu einer bestimmten historischen Person oder einflussreichen Kaufmanns-, Rats- oder Handwerkerfamilien.

Jeder Kirchensitz der Iserlohner Sammlung wurde seit dem frühen 18. Jahrhundert mindestens bezeichnet durch eine Sitznummer, später auch durch den Bereich im Innenraum der Kirche. Außerdem wurde der Name des Besitzers eingraviert, das Datum der Besitzübertragung und manchmal ein bürgerliches Wappen.

Die Nachfrage nach Kirchensitzen wuchs mit der Bevölkerung. Je mehr Sitzplätze die Gemeinde aufstellte, desto differenzierter mussten sie für den Handel damit und für die Dokumentation der Besitzwechsel bezeichnet werden. 1660 reichte noch eine durchgehende nummerische Bezeichnung. Ab 1729 kannte man 6 Bereiche innerhalb der Kirche, beginnend mit „der Liberey nächst dem Bellturm“ und endend auf der neuen Kanzel, „wo vormals die Engel gestanden“ (Lit A bis F). Ab 1739 fielen Bereiche bei Renovierungen ersatzlos weg, andere wurden erweitert und wieder andere neu geschaffen. Sie begannen nun am „Chor an der Ostseite“ (Lit A) und endeten „unter der Glocken Bühne hin bis an die Thurm Thür“ (Lit H). Jeder Bereich verfügte dabei über so viele Bänke oder Stände (manche mit Klappe), wie dorthin passten. Eine Bank besaß je nach Länge 3 bis 7 Sitze.

Der Handel mit den Kirchensitzen florierte. Er füllte einerseits die Kasse der Gemeinde und war andererseits für Käufer eine Wertanlage. Erb- und eigentümlich erworben, wurde ein Kirchensitz wie eine Immobilie behandelt. Er durfte verkauft oder über Generationen vererbt werden. Im Falle eines Konkurses kam ein Kirchensitz allerdings ebenso unter den Hammer wie der übrige Besitz des Betroffenen. An einigen Schildern der Iserlohner Sammlung lässt sich nachweisen, dass der Meistbietende einer solchen „öffentlichen Subhastation“ das Schild des ersteigerten Kirchensitzes einfach umdrehte, es auf der schmucklosen Rückseite mit dem eigenen Namen neu gravierte und wieder anbrachte.

Literatur:

Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Iserlohn (Burgarchiv): Kirchstuhlregister 1676-1736 Bd. 2, online über www.archion.de (Kirchenbuchportal GmbH).
Abgedruckt in: Wilhelm Schulte: Iserlohn. Die Geschichte einer Stadt. Bd. II, Iserlohn 1938, S. 523-556 (Kirchstuhlregister ab 1660, mit Einträgen bis 1736) (im Folgenden: altes Kirchstuhlregister Schulte II)

Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Iserlohn (Burgarchiv): Kirchensitze 1729-1863 (im Folgenden KSR 1)

Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Iserlohn (Burgarchiv): Kirchensitze 1739-1883 (im Folgenden KSR 2)

Wilfried Reininghaus: Stammlisten zu Iserlohner Kaufmannsfamilien im 18. Jahrhundert. Beiträge zur Westfälischen Familienforschung 45, 1987, S. 7-90 (im Folgenden Reininghaus: Stammlisten); pdf online: https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=9790&url_tabelle=tab_literatur

Wilfried Reininghaus: Die Stadt Iserlohn und ihre Kaufleute (1700-1815). Gesellschaft für Westf. Wirtschaftsgeschichte e.V., Dortmund 1995 (Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte Bd. 13) (im Folgenden: Reininghaus: Kaufleute)

Margret Kirchhoff: Pulsschläge einer Stadt. Die Oberste Stadtkirche Iserlohn – Zeitbilder und Momentaufnahmen. Iserlohn (Eigenverlag) 2003 (im Folgenden: Kirchhoff: Pulsschläge), darin: Grabsteine erzählen lebendige Geschichten. Beiheft zum Rundgang um die Stadtkirche.

Paul Stein: Die alten Kirchen von Iserlohn. Unveröffentlichtes Typoscript o.D.

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